Nachdem Anfang des Jahres das nächtliche Betretungsverbot abseits befestigter Wege Einzug in das hessische Waldgesetz gefunden hat, liegt nun die “Version 2.0″ als Gesetzesvorlage vor. Dieses birgt sehr einschneidende Änderungen inbesonders für Mountainbiker.
Radfahrer dürfen gemäss dieser Vorlage nur noch auf festen Waldwegen und auf Straßen im Wald fahren, die „von nicht geländegängigen, zweispurigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können” ( § 15 Abs. 2). In der Konsequenz kann ich als Mountainbiker einen großen Teil des Waldes nicht mehr befahren. Weiterhin soll das gemeinsame Fahren von mehreren Personen ggfs. nicht mehr vom allgemeinen Betretungsrecht umfasst sein und bedarf der Genehmigung des Eigentümers (siehe § 15 Abs. 4).
In Gesetzessprache heißt es dann so:
§ 15 Betreten des Waldes, Reiten und Fahren
(1) Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung nach den Maßgaben von § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bundeswaldgesetzes und der nachfolgenden Absätze 2 bis 4 betreten.
(2) Dem Betreten gleichgestellt sind das
1. Radfahren,
2. Fahren mit Kutschen und Krankenfahrstühlen sowie
3. Reiten
auf festen Waldwegen und auf Straßen im Wald. Feste Waldwege sind befestigte oder naturfeste Wege, die von nicht geländegängigen, zweispurigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können.
(3) Jedermann hat sich so zu verhalten, dass die Lebensgemeinschaft des Waldes nicht gestört, die Bewirtschaftung des Waldes nicht behindert, der Wald nicht gefährdet, geschädigt oder verunreinigt und die Erholung anderer nicht beeinträchtigt wird.
(4) Betreten mehrere Personen den Wald zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes, steht ihnen das Betretungsrecht nur zu, wenn nach den örtlichen Gegebenheiten eine Beeinträchtigung
des betroffenen Waldgebietes nicht zu erwarten ist.
(5) Jedes Betreten und jede Benutzung des Waldes, die über das nach Abs. 1 bis 4 zulässige Maß hinausgeht, bedarf der Zustimmung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers.
Somit benötigen auch “mehrere Personen”, die als Gruppe den Wald betreten wollen, ebenfalls die Genehmigung des Waldbesitzers (ca. 80% des hessischen Waldes sind übrigens in öffentlicher Hand). Lauftreffs, Nordic Walking Gruppen und der Ausflug des örtlichen Kindergartens gehören dann der Vergangenheit an. Als Randnotiz sei erwähnt, daß man nun auch für Modellfliegen und Rauchen eine Genehmigung benötigt. Ganz absehen davon, dass dann auf “festen Waldwegen und auf Straßen im Wald” ein Fahrradverkehr herrschen würde wie auf der A5 bei Friedberg. Radfahrer werden defacto mit SUV auf eine Stufe gestellt; mit Ausnahme des SUVs einer “berechtigten Person”. Natürlich hat dann der Harvester auch freie Fahrt im Wald.
Ganz besonders interessant wird es bei §28 Bußgeldvorschriften und §29 Einziehung (des Gegenstandes, mit dem die Ordnungswidrigkeit begangen wurde). Hohe Geldstrafen und Einzug des Mountainbikes sind natürlich völlig verhältnissmäßig im Vergleich zu den Strafen für Vergehen im Straßenverkehr, die oft lebensbedrohliche Folgen haben (Ironie off). Wegbreitenregelungen und Pauschalsperrungen mit Bußgeldern bis 600 Euro kriminalisieren einen großen Teil der Bevölkerung.
Aber das Gesetz hat auch etwas Gutes. Bisher war ein oft vorgeschobenes Argument der Waldbesitzer die Haftungsfrage. Diese wird nun ausdrücklich verneint:
Die Zustimmung zu einer Nutzung nach Satz 1 zieht keine weitergehenden Verkehrssicherungspflichten der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzer über das nach § 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Bundeswaldgesetzes geschuldete Maß nach sich.
Aber auch für den “gemeinen Geocacher” zieht die neue Gesetzesvorlage weitere Konsequenzen nach sich. Denn es können auch Waldbesitzer nun Betretungsverbote beantragen:
(2) Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer dürfen Waldflächen und Waldwege sperren, wenn
[…]
2. die zulässige Nutzung des Grundstücks sonst erheblich behindert oder eingeschränkt würde, insbesondere, wenn die Beschädigung von Forstkulturen, Sonderkulturen oder sonstigen Nutzpflanzen zu erwarten ist, oder wenn das Grundstück regelmäßig von einer Vielzahl vonPersonen betreten und dadurch in seinem Ertrag erheblich gemindert oder in unzumutbarer Weise beschädigt oder verunreinigt wird.
Dieser Gesetzesvorschlag hat natürlich eine eindeutige Handschrift. Den entsprechenden Lobbyisten kann man nur beglückwünschen zur seiner Arbeit. Natürlich darf man nicht vergessen, dass es unter Mountainbikern, Geocacachern und sonstigen “Erholungssuchenden” auch schwarze Schafe gibt. Das Dutzend inoffiziell ausgebauter Downhill-Strecken – inbesonders im Taunus – sind letztendlich der Verursacher einer solchen Kampagne. Nur muss die Politik und die Behörden geeignete Maßnahmen treffen um solche Auswüchse zu unterbinden. Die hessischen Bevölkerung aus dem Wald zu verbannen kann nicht das Ergebniss sein.
Wir selbst leben in einer Gegend mit viel Wald und einer aktiven MTB-Szene. Wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, würde dieser Sport massiv eingeschränkt. Auch der Tourismus würde mittelfristig Schaden nehmen. Ich wünsche mir, dass im Spannungsfeld Hobby – Forstwirtschaft – Naturschutz und Waldbesitzer anders agiert wird. Dieses Gesetz ist jedoch der völlig falsche Weg.
Es gilt immer noch: Die Politik ist für die Bevölkerung da. Natur ist zu schützen, aber auch für den Menschen da.
Was könnt Ihr tun?
– Unterzeichnet die Petition
– Verbreitet Eure Ablehnung gegen dieses Gesetzesvorhaben auf Euren Social Media Kanälen – Facebook, Twitter, Google+
– Schreibt an Euren hessischen Landtagsabgeordneten
– Unterstützt Open Trails und den DIMB auf Facebook
Edit 04.07.2012: Mittlerweile gibt es eine Kleine Anfrage der Fraktion B´90 / Die Grünen an die hessische Landesregierung. Alle Fragen sind durchaus berechtigt.
DIMB Open Trails Hessen – Sehr gute Informationssammlung
Gesetzesvorlage in Originalfassung (genau: Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Waldes und zur Änderung anderer Rechtsvorschriften vom Artikel 1 Hessisches Waldgesetz (HWaldG))
So isse, unsere tolle hessische Regierung: Alles für die Wirtschaft, nichts für den Bürger….
….Dieser Gesetzesvorschlag hat natürlich eine eindeutige Handschrift….
Ich bin mittlerweile zwar eher Radler als Mountainbiker ( ..das Alter), bin aber als Wanderer und Naturfreund betroffen.
Die Bürger aus der Natur herauszudrängen, sehe ich als Teil der Hype um den Naturschutz.
Nein, nicht um den Naturschutz, sondern als Teil einer Entwicklung, welche jede Vernunft vergisst.
Es war z B der BUND, welcher sich aufgeregt hatte, daß Besucher bei Lorsch eine Aussichtsterasse betreten, um dort auf die renaturierte Weschnitz herunterzuschauen. Grade so, als stürben die Frösche aus, wenn sie von den Besuchern erschreckt werden. Ein von mir damlas verfasster Leserbrief wurde nicht veröffentlicht….
Die beiden besonders schützenswerten Tierarten in meiner Heimat, die mir bekannt sind- Uhu und Wanderfalke, leben in einem Steinbruch mit Baggerverkehr und Sprengungen.
Wie es ist, wenn die selbsternannten Naturschützer nach Belieben schalten und walten können, sah ich kürzlich am Brocken / Harz. Anbei ein Auszug eine Beitrages von mir aus dem Letterboxerforum:
Hier zeigte sich mir, was uns Naturfreunde erwartet, wenn Die Ökofaschisten immer weitere Landschaften dichtmachen: Breite Schotterwege, bei denen ich heilfroh war, meine Bergstiefel angezogen zu haben, gefolgt von Betonplattenpfaden ( aus der Ostzonenzeit ? ) Der Höhepunkt war die Asphaltstraße auf dem letzten Kilometer. „Berechtigte“ waren Segwayfahrer und Bierlieferanten. Die Wanderer dagegen wurden mehrfach daran erinnert, daß sie auf der linken Seite zu gehen hätten. Darauf von einem Passanten aufmerksam gemacht, machte ich meinen Gefühlen lautstark Luft… Ich kochte !
Oben angekommen: Wie gehabt : Betreten verboten Schilder, um „die Natur nicht zu stören“ Auch die Felsen dürfen nicht betreten werden, wegen der trittempfindlichen Flechten. Einige Blumen waren hinter einem Zaun angepflanzt, die die Besucher wie die Affen im Zoo bewundern durften. Über der ganzen Szene kreiste ein Hubschrauber: Ein „Ranger“, der die Einhaltung der Verbote von oben überwachte ?